Im New Yorker Untergrund: 160 Jahre alter Sarg gefunden

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Manche Geschichten sind zu unglaublich, um wahr zu sein. Eine dieser Geschichten hat sich 2011 in New York City zugetragen, als Bauarbeiter der Stadt die Überreste einer Frau fanden, die vor über 150 Jahren gestorben war. Ihr Körper war wie mumifiziert und der Sarg, in dem man sie fand, bestand aus wertvollem Stahl.

Es brauchte ein Team von FBI-Experten und forensischen Archeologen, um dieses Rätsel zu lösen. Am Ende stand eine unglaubliche Erkenntnis, mit der niemand gerechnet hätte. Der unermüdliche Einsatz der forensischen Profis gab der verstorbenen Frau nach über 150 Jahren eine Identität.

1. Ein ganz normaler Tag, bis…

Es ist der vierte Oktober 2011. An einem ganz normalen Dienstag räumen Stadtarbeiter im New Yorker Stadtteil Queens ein verlassenes Grundstück. Doch die Routine wird durchbrochen, als die Schaufel des Baggers auf etwas Festes stößt. Das Geräusch klingt stählern und die Arbeiter befürchten, versehentlich eine Leitung getroffen zu haben. Als der Fahrer des Baggers die Schaufel hebt, präsentiert sich den Arbeitern jedoch ein ganz anderes Bild.

Die Baustellenarbeiter heben einen Sarg aus dem Boden. Das Team kontaktiert sofort die Polizei und stellt ihre Arbeiten ein. Aus gutem Grund, wie sich sehr bald herausstellen sollte.

2. Eine Frau in einem weißen T-Shirt

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Die Stadtarbeiter öffnen den Sarg und stoßen auf den Körper einer Frau, der in ein weißes T-Shirt und Socken gekleidet ist. Die Frau scheint erst vor kurzem dort begraben worden zu sein und die Abriss-Crew vermutet zunächst, es mit einem kürzlich begangenen Mord zutun zu haben. Sie entschließen sich, die Polizei einzuschalten und ihren Fund zu melden.

Scott Warnasch ist einer der ersten, der am Fundort der Leiche eintrifft. Warnasch ist ein forensischer Archeologe beim New York City Office of Chief Medical Examiner. Er erkennt schnell, dass die Frau schon seit längerem tot ist. Genau genommen bereits seit über 150 Jahren.

3. Der ehemalige Friedhof

Die tote Frau wurde vor über 150 Jahren an der Stelle begraben, an der sie nun gefunden wurde. Damals befand sich an dieser Stelle ein kleiner Friedhof mit einer Kirche und einem Bestattungsinstitut. Während die Kirche noch heute in Queens zu finden ist, wurde der Friedhof längst abgerissen.

Das Faszinierende daran: das Land, auf dem die Kirche steht, wurde einstmals von vier Sklaven gekauft. Elmhurst, wie Queens früher hieß, war eines der ersten Landstücke im Staate New York, das von Sklaven erworben wurde. Die Kirche wurde nach ihrem Bau mehrmals umgesiedelt, doch die Gräber blieben bestehen. Bis zu jenem Tag im Jahre 2011.

4. An den Pocken gestorben

Die Frau war an den Pocken gestorben. Die Autopsie ergibt, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 25 und 35 Jahre alt war. Während ihrer Lebtage arbeitete sie im Nordosten der USA, wo sie einen für die Zeit sehr gesunden Lebensstil führte.

Die Frage ist, ob die genaue Identität der Frau geklärt werden kann. Dafür muss herausgefunden werden, wer im Jahre 1850 in Elmhurst an den Pocken gestorben ist. Scott Warnasch kann die Zahl der infrage kommenden Personen auf 33 einkreisen. Durch einen glücklichen Zufall landet er schließlich einen Treffer. Die verstorbene Frau war eine schwarze Frau namens Martha Peterson.

5. Martha Peterson

Die Frau namens Martha Peterson starb im jungen Alter von nur 26 Jahren. Zu Lebzeiten arbeitete sie für einen Eisenwarenhändler namens Williams. Durch die Hilfe des FBIs schafft es Scott Warnasch schließlich sogar, das Gesicht der jungen Frau am PC zu rekonstruieren. Der Körper, den die Stadtarbeiter ausgegraben haben, wurde durch den Bagger empfindlich beschädigt.

Doch der FBI-Experte Joe Mullins konnte CT-Scans der Frau durchführen und dadurch berechnen, wie Martha Peterson einstmals ausgesehen haben muss. So hat die Frau, die vor über 150 Jahren gestorben war, einen Namen und ein Gesicht bekommen. Doch Scott Warnasch will herausfinden, wie Martha gelebt hat.

6. Särge von Fisk & Raymond

Martha Peterson wurde in einem Sarg des Unternehmens Fisk & Raymond beerdigt. Wie Warnasch herausfand, handelt es sich dabei um hochwertige Särge, die hauptsächlich den Wohlhabenden der damaligen Zeit bestimmt waren. Martha Peterson wurde wohl deshalb in einem solchen Sarg beerdigt, weil sie zwischenzeitlich für das Unternehmen tätig gewesen sein muss.

Zur damaligen Zeit war es nicht üblich, Sklavenarbeiter, wie Martha Peterson einer gewesen war, in Stahlsärgen zu beerdigen. Doch durch eine seltsame Fügung erhielt die Frau nach ihrem Tod einen stählernen Sarg, in dem ihr Körper mehr als 150 Jahre mumifiziert wurde.

7. Pocken in New York

Pocken gibt es in New York schon seit vielen Jahren nicht mehr. Doch wie Warnasch mitteilt, hätte es fast wieder zu einem Ausbruch kommen können. Denn der Sarg, in dem Martha Peterson beerdigt war, war so robust, dass selbst der Pockenvirus, den die Frau in sich trug, hätte überleben können.

Nur durch viel Glück schaffte es der Virus nicht, lange genug zu überleben. Es war am Ende also Fluch und Segen, dass die Frau aus dem ehemaligen Elmhurst ein derart hochwertiges Begräbnis erhielt. Trotzdem sollte sie im Jahre 2011 eine zweite Beerdigung erhalten und auch nach dem Tod geehrt werden.

8. Verspätete Beerdigung

Martha Peterson erhält eine verspätete Beerdigung. Mitglieder der St. Mark Methodisten-Kirche beerdigen die Überreste der Frau in einem kleinen Grab und erweisen ihr damit die letzte Ehre.

Die Baustelle in Elmhurst, Queens, wird vorübergehend auf Eis gelegt. Mitglieder des Stadtteils setzen sich dafür ein, dass die Stadt nicht weiter auf dem verlassenen Grundstück arbeitet. Es gilt, herauszufinden, ob es sich um ein geschichtsträchtiges Grundstück handelt. Denn dann darf dort überhaupt nicht mehr abgerissen oder gar ein neues Gebäude gebaut werden.

9. Ein Andenken

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Der Fund von Martha Peterson im Jahr 2011 war ein unglaublicher Zufall. Um ein Haar hätten die Bauarbeiter der Stadt New York den Körper mit all dem anderen Schutt entsorgt. Doch es war gekommen, wie es gekommen war. Martha Peterson erhielt nach knapp 160 Jahren endlich ein richtiges Begräbnis.

Die Experten des FBI gaben ihr ihren Namen und ihr Gesicht zurück und sorgten durch ihren schwierigen Einsatz dafür, dass die Frau nicht vergessen ist. Später war es die Gemeinde von Queens, die Martha Peterson ein Andenken gab. Das Grab der jungen Frau ist noch heute dort zu finden und wird täglich von vielen Menschen besucht.